Dritte Kinder kosten wieder, Gemeinde spart 27.500€

Familienfreundliche Drittkindreglung für Kindertagesstätten gekürzt

 

In der vergangenen Gemeindevertretersitzung hat die SPD Rossdorf die bisher bestehende Drittkindreglung abgeschafft, d.h. das dritte Kind (wenn alle unter 16 Jahren) ist nicht mehr kostenfrei, sondern zahlt künftig 50% der Grundgebühr. Die über die Grundversorgung hinausgehenden Kosten (Mittagessen und Nachmittagsbetreuung) mussten ohnehin schon immer bezahlt werden. Erstaunlicherweise war vor 11 Monaten im gleichen Parlament noch ein Vorstoß des Gemeindevorstandes zur Abschaffung dieser Reglung mit den Stimmen der SPD abgelehnt worden. Der Unterschied: Vor 11 Monaten wurde die Vorlage von Bürgermeister Pfeiffer eingebracht und von den selben Personen abgelehnt (darunter auch die Vorsitzenden des Sozialausschusses und die heutige Bürgermeisterin), die die Sache nun aktiv betrieben haben. Was hat sich sonst noch geändert in diesen 11 Monaten? Gibt es einen Trend zum Drittkind in Roßdorf, den wir nicht bemerkt haben? Sind wir nach dem Sporthallenbau so pleite, dass wir auch kinderreiche Familien verstärkt zur Kasse bitten müsse? Wir haben, genauso wie die CDU-Fraktion, mehrmals gefragt, was der Grund dafür ist. Eine Antwort haben wir nicht bekommen. Für 43 Kinder in Rossdorf gibt es diese wirklich familienfreundliche Reglung nicht mehr. Die Gemeinde Rossdorf spart deshalb 27.500,- Euro und erhöht die Kita-Gebühren nicht. Erinnern Sie sich? Der geplante Neubau einer Kindertagesstätte im Ortskern wurde gestoppt. Die Bürgermeisterin hat ebenfalls in der letzten Sitzung stolz den 1. Nachtragshaushalt für 2004 vorgestellt, der aufzeigt, dass Geld gespart werden konnte. Und 27.500,- Euro für die Drittkindreglung hat die Gemeinde nicht mehr? Ist es denn nicht gut für Rossdorf, dass hier so viele Kinder leben? Warum muss dieser vergleichsweise kleine Betrag unbedingt gespart werden? Wir leisten uns eine mehrere Millionen Euro teure Sporthalle und die Hilfestellung für Familien mit drei Kindern wird gekürzt.

Im Beschlussbuch des Parteitages der SPD vom 1.6.03 in Berlin steht: „Es ist ungerecht, dass Menschen mit hohen Einkommen Ansprüche auf Kindergeld haben, während z.B. ein Koch mit zwei Kindern inzwischen 10 % seines  Nettoeinkommens aufbringen muss um zwei Kindergartenplätze zu bezahlen.“So weit hat die SPD die Situation erkannt. Herr Dr. Christoph Ehmann, ehemaliger SPD-Staatssekretär im Kultusministerium Mecklenburg-Vorpommern, sagt in einem Interview mit Kai Burmeister von den Jusos in der Zeitschrift Argumente 12/03: “Kindergartenbeiträge führen dazu, dass die Mehrzahl alleinerziehender  Sozialhlfeempfänger/innen , Arbeitslose Mütter oder Familien mit nicht mehr berufstätigen Großeltern ihre Kinder zu Hause behalten. Ausserdem wirken sie sozial desintegrativ, weil besser verdienende Eltern sich statt des mit hohen Kita-Gebühren verbundenen kommunalen Kindergartens ihren privaten, gleichwohl öffentlich bezuschussten, aber nach eigenen Kriterien gestalteten Kindergarten suchen.“

Auf dem Bundesparteitag der SPD in Bochum vom 17. – 19. November 2003 stellte die SPD folgerichtig fest: „Weil – wie eigentlich wünschenswert – ein verpflichtender und damit kostenloser Kindergartenbesuch wegen der prekären Finanzlage der öffentlichen Hand z.Z. nicht realisierbar ist, werden nach Einkommen gestaffelte Betreuungspauschalen erhoben.“ Soweit die Theorie. In der Praxis wurde in Roßdorf eine vorbildliche Regelung abgeschafft, die in den 80er-Jahren (auf Antrag der GARG) eingeführt wurde. Wir sind sehr enttäuscht, dass uns keine vernünftige Erklärung geliefert wurde. Selbst nach einer von der SPD-Fraktion beantragten Sitzungsunterbrechung, lieferte diese keine Begründung, sondern demonstrierte lediglich ihre Stimmenmehrheit. Wir haben der Änderung nicht zugestimmt, da diese unausgewogen und sozial ungerecht ist.

 

Heidemarie Klatta, Jutta Quaiser – Die Grünen Roßdorf / Gundernhausen

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