„Politikverdrossenheit und Missverständnisse: Ein Blick hinter die Kulissen lokaler politischer Diskussionen“

Als Mitglied der Gemeindevertretung bekommt man immer mehr das Gefühl, dass Politikverdrossenheit immer weiter um sich greift. In einem Gespräch mit Mitbürgern haben wir erfahren, wie Politik manchmal wirken kann. Es ging dabei um eine Petition von Andreas Schmitz zum Thema Vereinfachung der Bürokratie im Bereich der Anmeldung von Steckersolarmodulen. Diese Petition wurde vom YouTuber „Der Fachwerker“ kommentiert. Dabei hat die Politik Fragen zu den Patenten in einer öffentlichen Anhörung gestellt. Der YouTuber hat daraus geschlossen, dass die Politik keine Ahnung hat und sich mit dem Thema nicht auskennt. Als Teil der lokalen Politik habe ich die Hintergründe der Fragen anders interpretiert. Fragen in einer öffentlichen Anhörung werden nicht nur gestellt, weil Politiker die Antwort nicht wissen, sondern weil sie Öffentlichkeit erzeugen wollen.

Auch die Interpretation des YouTubers an vielen anderen Stellen kann man aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Zum Beispiel wurde sich darüber aufgeregt, warum „die Politik“ so weit ausholt, um Dinge zu erläutern, und ob die Politikerinnen und Politiker zu viel Zeit haben, um solch eine lange Erklärung abzuhalten. Ja, so kann man es sehen. Es gibt jedoch auch eine andere Sichtweise. In einer öffentlichen Anhörung sind Zuschauer anwesend, die zwar interessiert sind, aber nicht bis ins letzte Detail informiert sind. Da wir es hier mit Menschen unterschiedlichen Informationsstands zu tun haben, ist es manchmal notwendig auszuholen, um alle mitzunehmen. Andernfalls könnten Politiker den Eindruck erwecken, abgehoben zu sein und nur Fachchinesisch zu sprechen.

Ein weiterer Punkt, weshalb die Politiker in diesem Video negativ kritisiert wurden, ist, dass man sich untereinander nur gestritten hat, anstatt sich auf die Petition zu konzentrieren. Auch hier versteht jeder diesen ersten Impuls, aber es gibt ebenfalls eine Erklärung für dieses Verhalten. Da es öffentlich war, musste jede Partei ihre Position darlegen und auf ihre eigene Arbeit hinweisen, um die Gelegenheit außerhalb ihrer eigenen Blase zu nutzen, sich zu präsentieren.

In unserer Arbeit ist es manchmal kaum zu ertragen, wie lange etwas dauert und wie lange über bestimmte Punkte diskutiert wird und warum man sich an kleinen Worten aufhält. Der Grund dafür sind genau solche Interpretationsspielräume, die es so schwierig machen. Die meisten Politikerinnen und Politiker versuchen alles richtig zu machen und keine falschen Entscheidungen zu treffen, besonders in der ehrenamtlichen Tätigkeit wie der Gemeindevertretung. Es ist also manchmal wie ein Drahtseilakt, den man in der Öffentlichkeitsarbeit bewältigen muss.

Wünschenswert wäre es also, diese politischen Diskussionen ohne Voreingenommenheit zu betrachten, um eine möglichst neutrale Haltung und Meinung zu entwickeln. Aber Videos, in denen politische Arbeit gelobt wird, finden auf YouTube wenig Beachtung. Daher muss man kritisieren, um Aufmerksamkeit zu erregen. Schade, aber das ist nun einmal das Geschäftsmodell und die menschliche Psyche. Schlechte Nachrichten verbreiten sich besser als gute.

Dies verstärkt leider die Politikverdrossenheit der Bürger und ist schädlich für unsere Demokratie

Wir haben daraus gelernt, nicht vorschnell zu urteilen, erst zuzuhören und die Absichten des Einzelnen möglichst neutral zu bewerten. Aber vor allem den Bürgern gut zuzuhören und den Blickwinkel auch mal zu wechseln.

 Für die GRÜNEN: Daniela Dalpke mit der Redaktion

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