Windkraft SPD-Antrag 1999

Woher weht der Wind in Roßdorf? (13.09.1999)

Ein hochinteressanter Antrag war auf der Tagesordnung der letzten Gemeindevertreter-Sitzung zu finden. Der Antrag war von der SPD-Fraktion gestellt: „Der Gemeindevorstand wird beauftragt, geeignete Standorte für die Errichtung von Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan der Gemeinde auszuweisen”. Toll, haben wir Grünen zuerst gedacht, wie offensiv die SPD an die Förderung der Windenergie herangeht. Und weil Anträge der SPD im Gegensatz zu unseren Anträgen immer beschlossen werden, haben wir uns gefreut über den Mut der Sozialdemokraten. Der Gemeindevorstand wurde also beauftragt, “geeignete Standorte” für Windkraftanlagen in Roßdorf in den Flächennutzungplan der Gemeinde aufzunehmen.
Doch wo sind eigentlich die “geeigneten Standorte” und wie findet man diese heraus? Roßdorf liegt nicht im flachen Ostfriesland, wo überall eine steife Brise weht. Und manche geeignete Standorte sind von vornherein ausgeschlossen – die Kuppen des Rehbergs oder Roßbergs sind schon allein wegen der Naturschutzgesetze unzulässig. Um geeignete Standorte zu finden, müssen daher Untersuchungen angestellt werden. Doch wer untersucht dies? Der Gemeindevorstand selbst? Weil wir Grünen uns nicht vorstellen konnten, daß der Bürgermeister persönlich seinen Daumen in den Wind streckt, haben wir dem Parlament vorgeschlagen, den Antrag zunächst in den Ausschuß zur Beratung zu schicken. Dort hätte in Ruhe geklärt werden können, wer die Untersuchungen macht und wieviel Geld die Gemeinde für die Untersuchungen ausgeben will.
Doch Oje-oje, unser Antrag löste heftige Gegenwehr aus. Es wurde sogar extra eine Sitzungsunterbrechung eingelegt, wir hatten jedoch keinen Erfolg: Unser Änderungsantrag wurde abgelehnt. Keine Beratung im Ausschuß. Sofortiger Beschluß. Keine Mittelbereitstellung für eine Auftragsvergabe. Die Begründung der SPD war für uns widersprüchlich: Der Antrag sei so dringend, daß er sofort beschlossen werden muß. Geld müsse man aber nicht in den Haushalt einstellen, weil frühestens 2001 eine Untersuchung über geeignete Standorte erforderlich sei. Für die Grünen habe ich unser Unverständnis und Mißtrauen klar zum Ausdruck gebracht. Die SPD sah darin nur Unterstellungen. Letztendlich haben fast alle Grünen dem SPD-Antrag zugestimmt – wir konnten nicht gegen die Windenergie sein!
Mitlerweile haben wir nachgeforscht. Der SPD-Gemeindevertreter Huck hatte das Stichwort gegeben, in dem er auf die Neufassung des § 35 des Baugesetzbuches aufmerksam machte.
Wir haben dort nachgelesen. Nach dem neuen Baugesetzbuch sind Windkraftanlagen jetzt generell zulässig, soweit keine öffentlichen Belange entgegenstehen. Nach dem alten Gesetz konnte die Gemeinde eine Windkraftanlage noch ohne Angabe von Gründen ablehnen. Das neue Gesetz aber fördert die Windenergie. Dies bedeutet, daß die Gemeinde einer solchen Anlage zustimmen muß, wenn alle Rechtsvorschriften (Naturschutzrecht, Wasserrecht, Straßenrecht, Abstände zur Wohnbebauung, Landesbauordnung etc.) durch die Anlage eingehalten werden.
Kann demnach eine Gemeinde eine Windkraftanlage nicht mehr verhindern, wenn der Standort unerwünscht ist? Doch, die Gemeinde kann. Das Baugesetzbuch kennt hierfür eine Lösung. Wir waren verblüfft, wie einfach das geht! Es müssen im Flächennutzungsplan geeignete Standorte ausgewiesen werden, dann ist an allen anderen Stellen im Gemeindegebiet die Errichtung von Windenergieanlagen verboten.
Welche Folge hat also der SPD-Antrag? Dort, wo demnächst im Flächennutzungsplan geeignete Standorte beschlossen werden, sind Windräder schon heute zulässig. Auf vielen anderen Flächen der Gemeinde sind heute noch Windräder zulässig, aufgrund des SPD-Antrages jedoch bald nicht mehr. Dies ist keine Unterstellung. Dies ist eine Tatsache.

Die Grünen Roßdorf / Gundernhausen Robert Ahrnt

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