Bachrenaturierung tut gut
Wer mit dem Auto nach Gundernhausen fährt, kennt bestens die lokale Besonderheit, mit der alle Reisenden begrüßt werden. Wenn man den Ortsrand von Ferne sieht, fängt das Auto an zu schwingen wie ein Schiff bei Windstärke 4. Diese Bodenwellen auf der Straße nach Gundernhausen sind ein Naturphänomen, welches die Straßenbauer verzweifeln lässt. Die Wellentäler werden in regelmäßigen Abständen mit neuem Asphalt verfüllt, welcher aber in gleicher Regelmäßigkeit wieder langsam im Boden versinkt. Außer den Straßenbauern hat aber niemand Probleme damit, im Gegenteil, das Autoschaukeln löst heimatliche Gefühle aus und ist nebenbei noch eine natürliche Tempobegrenzung. Die Fachleute sagen, dass es sich um starke Grundwasserbewegungen im teilweise organisch durchsetzten Untergrund handelt, welche dieses Phänomen auslösen. Wer sich umblickt, sieht sofort auch Vegetation, die auf nassen Flächen gut gedeiht. Wer den Blick an dieser Stelle nach links wendet, sieht das große Pappelwäldchen und hinter diesem Wäldchen verläuft der so genannte „Mittelwiesengraben“. Von Roßdorf kommend führt dieser gradlinige und teilweise befestigte Graben in feuchten Zeiten das Wasser Richtung Osten, er kann jedoch im Sommer auch austrocknen. Auf der letzten Sitzung der Gemeindevertretung hat die Bürgermeisterin nun einen Vorschlag vorgelegt, wie dieser Mittelwiesengraben aus seinem engen Bett befreit werden kann. Es sollen Betonsohlschalen aus dem Graben entfernt werden und stattdessen an einigen Stellen Basaltblöcke eingebracht werden. Der Graben wird an mehreren Stellen muldenförmig aufgeweitet, kann dadurch bei Regen mehr Wasser zurückhalten, aber auch mehr Biotopfläche für Vögel, Insekten, Amphibien und Pflanzen bilden. Alles in allem eine sehr vorbildliche Maßnahme, die zudem mit wenig Geld bewerkstelligt werden kann – geschätzte 15.000,-€ sind im Vergleich zu anderen Ausgabepositionen im Gemeindehaushalt ein bescheidener Betrag. Mit diesem Schritt wird nun in der Bachrenaturierung ein Anfang gemacht, denn im vor zwei Jahren verabschiedeten Landschaftsplan der Gemeinde wurde bereits beschlossen, noch weitere Gewässerabschnitte umzubauen. Wir haben durch die Vorlage auch erfreut zur Kenntnis genommen, dass aufgrund einer EU-Wasserrichtlinie weitere Maßnahmen an den Rossdörfer Gewässern zur Verbesserung der Wasserqualität und zur Regenrückhaltung zwingend erfolgen müssen. Es kommt Bewegung in die Sache – das finden wir gut. Die Grünen hatten 1987 dieses Thema in die Gemeindevertretung eingebracht, wir hatten seinerzeit Bachbegehungen initiiert und einen naturnahen Rückbau der Rossdörfer Gewässer gefordert. Fast 20 Jahre später ist diese urgrüne Forderung genauso aktuell wie damals. Die Rossdörfer Grünen haben deshalb der Vorlage des Gemeindevorstands (ebenso wie die anderen Parteien) zugestimmt.
Noch eine kleiner Nachtrag zur vergangenen Sitzung am Rande. In ihren Mitteilungen hat die Bürgermeisterin auch erklärt, dass der Rossdörfer Grenzgang (im vergangenen Jahr mit ausführlicher Begründung aus Kostengründen gestrichen) nächstes Jahr wieder stattfinden soll. Der Termin wurde auf den 25.März gelegt. Die Grünen vermuten, dass der Frühlingsanfang der Grund für diese Terminplanung war und nicht etwa die am 26. März stattfindende Kommunalwahl in Roßdorf. Es ist jedenfalls schön, dass bestimmte Traditionen weiterhin Bestand haben. Dazu zählt auch, dass früher oder später auch wieder etwas Asphalt in die berühmten Gunderhäuser Bodenwellen versenkt wird.
Robert Ahrnt – B90/Die Grünen Roßdorf+Gundernhausen
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