Das neue Gewerbegebiet in Rossdorf (30.09.2001)
Es ist schon seit langer Zeit beschlossene Sache: Das Gewerbegebiet in Roßdorf wird weiter wachsen in Richtung Kubicksbrücke. Auf der letzten Sitzung der Gemeindevertretung stand das Gewerbegebiet auf der Tagesordnung, weil die Gemeinde Roßdorf bei der Entwicklung dieses Baugebietes andere Wege als bisher gehen will. Der normale Weg zum Bauland sieht so aus: Beschluss zum Bebauungsplan, anschließend Umlegungsverfahren zur Neuordnung der Grundstücke, danach Herstellung der Erschließung durch die Gemeinde und Abrechnen der Kosten mit den anliegenden Grundstückseigentümern, und zum Schluss der Bau der neuen Gewerbegebäude durch die Grundstückseigentümer.
In der letzten Sitzung wurde nun beschlossen, dass die Gemeinde das Baugebiet nicht selbst entwickelt, sondern alles komplett in die Hände der „Hessischen Landgesellschaft“ (HLG) legt. Das Besondere daran: Die HLG soll nicht nur die Straßen und die Kanalisation bauen, sondern sie soll darüber hinaus im Auftrag der Gemeinde mehr als 50.000 Quadratmeter Bauland von den heutigen Eigentümern erwerben. Der Ankaufspreis für die HLG wurde von der Gemeinde schon festgelegt und beträgt 115,-DM für späteres Bauland, d.h. die HLG kauft für die Gemeinde Grundstücke im Wert von mehr als 4 Millionen DM. Nachdem die Straßen und der Kanal gebaut sind, verkauft die HLG die Grundstücke wieder. Die Käufer werden zusammen mit der Gemeinde bestimmt und der angestrebte Kaufpreis für das erschlossene Bauland wird dann bei rund 300,-DM pro Quadratmeter liegen. Die HLG kann mit den Mehreinnahmen ihre Unkosten und den Bau der Erschließung wieder herausholen. Und die Gemeinde kann bei der Vergabe der Grundstücke ein Wort mitreden. Klingt ganz gut, oder?
Dies ist auch eine gute Idee, und die HLG ist keine Privatfirma sondern eine Gesellschaft des Landes Hessen. Auf diese Weise soll auch finanzschwachen Gemeinden die Ausweisung von Bauland ermöglicht werden, denn die Gemeinde muss die Erschließung nicht vorfinanzieren. Der Handel funktioniert aber nur unter einer Bedingung: Die im Auftrag der Gemeinde gekauften Grundstück müssen nachher auch verkaufbar sein. Bis zu 10 Jahre lang bevorratet die HLG die einzelnen Grundstücke, wenn sich kein Käufer findet. In den 10 Jahren geht der Verkaufspreis noch leicht nach oben, weil die Zwischenfinanzierung davon gedeckt werden muss. Was ist aber nach Ablauf der 10 Jahre, wenn noch immer kein Käufer in Sicht ist? Dann muss die Gemeinde alle von der HLG erworbenen Grundstücke zum festgesetzten Preis von 327,-DM pro qm abnehmen.
Es tun sich somit zwei Szenarien für die Zukunft auf. Szenario A: Alles funktioniert wunderbar, innerhalb von 10 Jahren verkaufen sich alle Grundstücke, das Baugebiet ist voll von Gewerbe und die Gemeinde hat in der Ansiedlungspolitik kräftig mitbestimmt und dabei ihren Haushalt nicht mit einer Mark belastet. So optimistisch wünscht sich das der Bürgermeister. Szenario 2: Der Verkauf kommt ins Stocken, weil im Umland jede Menge andere Gewerbegebiete zur Verfügung stehen. Nach 10 Jahren ist die Hälfte der erworbenen Grundstücke nicht verkauft. Dann muss die Gemeinde innerhalb kurzer Zeit ca.25.000 qm Bauland von der HLG zurückkaufen, was einem Wert von ca. 8 Millionen DM entspricht. Und weil die Gemeinde eine solche Menge Geld nicht flüssig hat, stehen die Politiker nach diesen 10 Jahren vor einer unbequemen Entscheidung: Entweder einen Haufen Schulden machen, oder aber die Grundstücke zum Sonderangebot (d.h. mit Verlust) auf den Markt zu schmeißen. Dieses pessimistische Szenario haben wir Grünen mit Hinweis auf die leerstehenden Flächen in Weiterstadt und Darmstadt fragend in den Raum gestellt. Wir haben von allen Seiten nur Kopfschütteln und Häme geerntet. Das Roßdörfer Bauland sei nicht nur bessere Lage, sondern auch billiger als im Umland, wurde geantwortet – unmöglich, dass wir auf dem Bauland sitzen bleiben. Wir gaben den Hinweis, doch bitte einmal die vielen Jahre zu zählen, die unser jetziges Gewerbegebiet brauchte, um voll zu werden. Wir bekamen von der Mehrheit zur Antwort, dass die HLG seriös sei (was wir nie bestritten haben), dass das Baugebiet wichtig sei (was nicht zur Debatte stand) und dass wir Grünen doch im Ausschuss besser aufpassen sollen (was wir auch ohne Aufforderung tun). Nein danke – sagen wir Grünen. Da stimmen wir nicht zu. Die Gemeinde Roßdorf ist reich genug, um die wichtigen Grundstücke selbst zu kaufen. Und die Gemeinde Roßdorf ist nicht reich genug, um dieses Wagnis ohne Not einzugehen. Warum also die neuen Wege für die Erschließung des neuen Gewerbegebietes? Die Grünen kennen die Antwort nicht. Fragen Sie daher zu den Risiken Ihren direkt gewählten Gemeindevertreter.
Die Grünen Roßdorf / Gundernhausen Robert Ahrnt
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