Dies ist ausnahmsweise kein Beitrag der GRÜNEN, sondern stammt von Klaus Holdefehr und wurde am 28.12.23 erstmals veröffentlicht.
Das Bild zeigt, wie die Umgebung des Groß-Umstädter Stadtteils Dorndiel aussehen könnte, wenn alle gegenwärtigen Planungen zum Bau neuer Windkraftanlagen umgesetzt sind. Durch eine aktuelle Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen könnten jetzt sogar noch weitere hinzukommen. Visualisierung: LEA, Screenshot: Klaus Holdefehr
Die Regionalversammlung Südhessen ermöglicht Kommunen, Vorrangflächen selbst zu entwickeln und auszuweisen.
Künftig können die Kommunen in Hessen wieder selbst über Standorte für Windkraftanlagen entscheiden
Die Nachricht ist eine kleine Sensation, die allerdings hinter arg bürokratischen Formulierungen versteckt ist: Die Regionalversammlung Südhessen hat am 8. Dezember beschlossen, dass in ihrem Planungsbereich der erste Flächenbeitragswert nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz erreicht ist. Dieser Beschluss war verbunden mit einer ersten Änderung des Sachlichen Teilplans Erneuerbare Energien, mit der Vorrangflächen für den Bau von Windkraftanlagen (WKA) ausgewiesen worden sind. Die Konsequenz dieser Zielerreichung verblüfft:
Die Ausschlusswirkung der Vorrangflächen wird aufgehoben, die hessischen Kommunen werden künftig – natürlich unter Beachtung einer ganzen Reihe von Rahmenbedingungen – wieder in eigener planerischer Hoheit Standorte für WKA auch außerhalb der Vorrangflächen entwickeln und ausweisen können.
Flankierend trägt dazu eine Änderung der Baugesetzgebung auf Bundesebene bei, deren Konsequenzen in einem im November veröffentlichten gemeinsamen Erlass des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen für das Bundesland präzisiert worden sind.
Diese Bestimmungen haben bereits seit der Veröffentlichung Rechtskraft.
Die entscheidenden Passagen stehen auf Seite 34. Dort heißt es zunächst: Die Ausschlusswirkung für den Bau von WKA außerhalb der in den Teilregionalplänen Energie festgelegten Windenergie-Vorranggebiete gilt nur übergangsweise bis zur Feststellung des Erreichens des ersten landesweiten Flächenbeitragswertes. Spätester Stichtag ist der 31. Dezember 2027, aber alle drei Regionalversammlungen in Hessen haben jetzt per Beschluss ein vorzeitiges Erreichen des Flächenbeitragswertes festgestellt. „Die Abstimmung und Zusammenführung der Beschlüsse wird von der obersten Landesplanungsbehörde vorbereitet“, heißt es im Erlass auf Seite 33. Und auf Seite 34 wird die planungsrechtliche Folge präzisiert: Nach Feststellung des Erreichens des Flächenbeitragswertes endet die Ausschlusswirkung der Planung.
Die Ausweisung von Standorten jenseits der ehemaligen Vorrangflächen wird damit möglich. Gemeinden und Planungsverbände können im Wege der Bauleitplanung zusätzliche Flächen für die Windenergie ausweisen. Es reicht grundsätzlich aus, dass dies im Wege der Flächennutzungsplanung erfolgt.
Da die Ausschlusswirkung der Planung mit der Feststellung der Zielerreichung aufgehoben ist, bedarf es für die Ausweisung von WKA-Standorten jenseits der Vorranggebiete nun auch nicht mehr zwingend eines so genannten Zielabweichungsverfahrens – sondern nur dann, wenn das Vorhaben mit sonstigen Zielen der Raumordnung kollidiert.
Es gibt im Landkreis einen ersten Fall, wo ein Kommunalparlament den Gemeindevorstand unter Verweis auf die neue Rechtslage zur Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für die Ausweisung zweier neuer WKA-Standorte jenseits der Vorrangfläche verpflichtet hat: Roßdorf.
Welche Konsequenzen die Veränderung der Rechtslage für andere WKA-Projekte im Landkreis Darmstadt-Dieburg hat – vor allem im Osten, in Groß-Umstadt und Schaafheim, wo ganze Windparks geplant werden – ist noch nicht absehbar. Die allermeisten Standorte liegen dort im Wald. Und es könnten weitere hinzukommen, denn „das Vorranggebiet für Forstwirtschaft stellt nach den Festlegungen im Landesentwicklungsplan Hessen 2000 und den drei Teilregionalplänen Energie kein der Windenergienutzung entgegenstehendes Ziel dar.“
Autor: freiberuflicher Redakteur Klaus Holdefehr
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